Zur Sinnhaftigkeit der Inzidenzzahl
Sind die Inzidenzzahlen und die darauf aufbauende Ampel sinnvoll?
Grundsätzlich könnte ein Ampelsystem sehr sinnvoll sein. Jedoch sind die in Deutschland festgelegten Grenzwerte (die um den Wert von 50 herum angelegt sind) unrealistisch, da ihnen lediglich positive PCR-Tests zugrunde liegen. Die Zahl von 50 (auf 100.000 Einwohner) kommt wiederum nicht aus epidemiologischen medizinischen Überlegungen, sondern ist den Nachverfolgungskapazitäten der Gesundheitsämter geschuldet. Man müsste die derzeitigen Grenzwerte in Anbetracht der vielen Nicht-Infektiösen unter den positiv Getesteten geschätzt mit mindestens 10 multiplizieren, damit sie möglicherweise sinnvoll wären. In der Tat sind in der Praxis zumindest in Bayern ja auch bereits 7-Tage-Inzidenzzahlen-Grenzwerte von 200 bzw. 300 in Gebrauch, was als Zugeständnis an diese Einsicht gewertet werden kann. Der Grenzwert von 50 wird dennoch weiterhin offiziell angestrebt.
Zu welch drastischen Effekten das Berechnen der Inzidenzzahl gerade bei kleinen Städten und Landkreisen führen kann, soll durch folgendes Beispiel illustriert werden.
In diesem Beispiel reichen 1,7 Tests, die in 7 Tagen positiv werden, damit die Ampel rot wird. Wenn also nur 200 Menschen zum Testen gehen, genügt schon eine Falsch-Positiv-Quote des PCR-Tests von 1% – durchaus ein realistischer Wert – für eine rote Ampel.
Damit ist es sehr schwierig, die Ampel jemals wieder in den Zustand Grün oder Gelb zu führen, wenn weiterhin in großem Umfang getestet wird und einige wenige Personen infektiös sind. Angesichts der in manchen Landkreis angeordneten Reihentestungen, z.B. in fleischverarbeitenden Betrieben oder Asylunterkünften, erscheint dies umso schwerer.
Klar ist natürlich, dass, wenn es gar keine Ansteckungen mehr gibt und auch entsprechend weniger getestet wird, viele Landkreise wieder in den grünen Bereich kommen können. Aber angesichts der aktuellen Teststrategie wird das wohl nicht so schnell der Fall sein.
Viele bekannte und namhafte Wissenschaftler fordern deshalb bereits einen Kurswechsel der Teststrategie. Besser ließe sich das Ampel-System mit einer Beachtung der harten Parameter wie z.B. die Belegung der Krankenhaus-Normal Stationen, der Intensivbettenbelegung und der aktuelle Todesfälle darstellen.
Quellen:
https://www.br.de/radio/bayern1/corona-ampel-bayern-100.html
https://www.kbv.de/html/1150_48918.php
http://www.matthias.schrappe.com/index_htm_files/Thesenpap6_201122_endfass.pdf